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13. Februar 2012


Als die Glocken den Untergang einläuteten

Kaum ein Ereignis der jüngeren Geschichte wird derart kontrovers diskutiert, wie die Bombenangriffe auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945.
Von "unschuldiger Stadt" und "Völkermord" bis "gerechte Strafe für Verbrecher" reichen die Meinungen und gehen doch alle am Kern der Sache vorbei.

Dresden war weder unschuldig noch unbeteiligt, wenn es um Verbrechen der NS-Zeit geht. Bei der Durchsetzung nationalsozialistischer Ziele spielten Dresden und Sachsen mit seinem Gauleiter Mutschmann eher eine unrühmliche Vorreiterrolle - die Stadt hatte sich bereits in zahlreichen "völkischen Aktionen" (Bücherverbrennung, "entartete Kunst", Vertreibung von Künstlern) hervorgetan, bevor es aus den Zentralen in Berlin dafür überhaupt eine Anweisung gab.
Auch bei Rüstungsindustrie und Militär spielte die Stadt eine wichtige Rolle. Es gab hier zahlreiche bedeutende Rüstungsunternehmen bzw. solche, die für die Rüstungsindustrie zulieferten, in denen jüdische Mitbürger und Menschen aus ganz Europa Zwangsarbeit leisten mussten (Göhlewerke, Fa. Gebr. Cruse und Co. Spezialfabrik zum Bau elektrischer Steuerapparate, Fa. Heide - Feinmechanische Werkstatt, Übigauer Werft, ....).

Dresden war auch strategisch bedeutend. Über die beiden großen Bahnhöfe (Alt- und Neustadt) sowie den Güterbahnhof in Friedrichstadt kamen Flüchtlinge an, wurden aber auch Transporte von und nach Osten - an die Front - abgewickelt.
Über Elbe und Autobahn wurden Rüstungsgüter verschickt und Voraussetzungen zum Transport strategischer Rohstoffe geschaffen.
Die meisten dieser Aktionen geschahen am hellichten Tage und meist ohne besondere Geheimhaltung.

Nach der Befreiung der Staaten Europas Ende 1944/Anfang 1945 waren die Verbrechen der deutschen Besatzer, der Wehrmacht, von SS und Gestapo im vollen Umfang bekannt geworden. Ende Januar 1945 wurden KZ und Vernichtslager Auschwitz-Birkenau befreit. Von den Gräultaten beim rassistischen Völkermord an den Juden konnte man sich nun ein erschütterndes Bild machen. Das alles mag bei Planung und Ausführung dieser militärischen Aktion eine Rolle gespielt haben. Es waren Väter, Brüder und Söhne von gefallen und in Gefangenschaft geratenen Kameraden, es waren aber auch Väter, Brüder und Söhne von in Deutschland und anderen europäschen Ländern ermordeten Juden und Deutschen, die die Einsatzpläne erstellten, die die Flugzeuge steuerten. Sicher mag auch Hass auf "die Deutschen" dabei eine Rolle gespielt haben.
Das es heute auch von Seiten britischer Historiker Zweifel an der Notwendigkeit dieses Angriffs gibt, zeigt einmal mehr, welche zerstörerischen Kräfte Krieg und Völkerhass hervorbringen.

Das Dresden bis zum 13. Februar 1945 von Bombenangriffen weitgehend verschont geblieben war, mag die Ironie der Kriegsgeschichte gewesen sein. Das die Dresdner hofften, ihnen möge das Schicksal anderer deutscher Großstädte erspart bleiben, ist in Anbetracht eines bereits über fünfjährigen blutigen und an Brutalität unvergleichlichen Krieges, verständlich. Es sollte aber eine Illussion sein! Der Krieg, einmal entfacht fragt nicht mehr nach schuldig, unschuldig, zivil oder militärisch. Und so versank auch die weltberühmte barocke Silouette der einstigen sächsischen Residenzstadt in Schutt und Asche und mit ihr tausende Menschen, Junge und Alte, Frauen, Kinder und Greise.

Das dieses Inferno von den bereits dem Untergang geweihten Nationalsozialisten - Goebbels hatte den "totalen Krieg" erklärt und Hitlers "Endkampf-Rede" wurde in alle deutschen Wohnungen ausgestrahlt - zu einer letzten großen Propagandaschlacht genutzt wurden, macht es bis heute schwer, diesen Tag würdevoll zu begehen. Liefert doch diese unvorstellbare Zerstörung denen die Argumente, denen der Krieg einen falschen Ausgang nahm, den es zu korrigieren gilt, denen der nationale Gedanke, Blut und Ehre treibende Momente ihres Handels sind. Sie nutzen diesen Tag für ihre Aufmärsche, verbreiten ihren Hass und Lügen. Die Wahrheit ist ihnen egal, wenn sie nur eine Möglichkeit finden, ihre kruden Gedanken "unter das Volk" zu bringen und Aufsehen zu erregen.
Diesem Treiben kann man nicht tatenlos zusehen!

Ebenso abstrus und wenig glaubhaft sind Versuche einiger besonders eifriger "Linker", alle Opfer, ob Zivilisten oder Militärangehörige, ob Frauen, Greise, Kinder, Zwangsarbeiter, vom NS-Regime Inhaftierte als Täter zu diffamieren und ihnen pauschal die Generalschuld zuzuweisen. Dies ist weder wahr noch hilfreich.

Auch an diesem 13. Februar läuten die Glocken wieder um 21.45 Uhr, dem Zeitpunkt als sie vor 66 Jahren die Bombengeschwader ankündigten. Sie läuten auch von der Frauenkirche, deren Wiederaufbau in aller Welt Beachtung fand und an dem sich ehemalige Kriegsgegner gemeinsam mit Dresdnern beteiligten.

Ihr Läuten sollte uns Einhalt gebieten und zur Besinnung mahnen, dass Krieg kein Mittel der Lösung von Konflikten ist, ein Ruf wie er bereits an der Ruine der Frauenkirche erklang und Konsens war in einer Stadt, deren Schönheit in einer Nacht ausgelöscht wurde.

Dresden, Februar 2011/2012

 
 
 
 
 
 
 
   
 
 
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
 
   
   
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