Vergessene Erinnerung
Gedenkveranstaltung für die ermordeten Dresdner Juden und Jüdinnen
Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland,
Stephan J. Kramer, wird auf Einladung mehrerer Dresdner Institutionen
und Vereine am 16. Februar am Bahnhof Dresden-Neustadt mit einer öffentlichen
Rede der durch die Nationalsozialisten ermordeten Dresdner Juden und
Jüdinnen gedenken.
Der Ort ist nicht zufällig gewählt - an der Vorderfront des
Bahnhofsgebäudes befindet sich das Mahnmal, welches an die deportierten
Dresdner Juden und Jüdinnen erinnert. Der Bahnhof spielte bei den
Deportationen eine Schlüsselrolle.
Der 16. Februar 1945 sollte der letzte Deportationstag für die
noch in Dresden verbliebenen Jüd_innen sein. Die Deportationen
konnten aufgrund der Bombenangriffe nicht mehr stattfinden. Die Tage,
Monate und Jahre zuvor waren für die jüdische Bevölkerung
geprägt von Angst, von Beschimpfungen durch Nachbar_innen, (ehemalige)
Mitschüler_innen und Kolleg_innen und vom Verschwinden ganzer Familien
und vieler Freund_innen.
Kaum jemand fand sich, um zu helfen, und damit für Gerechtigkeit
und Menschenwürde einzutreten. Die Masse schwieg. Schlimmer noch,
viele stimmten zu, denunzierten, waren Teil der Vernichtungsmaschinerie
oder bereicherten sich. Der Krieg der Alliierten gegen das nationalsozialistische
Deutschland und die damit verbundenen Bombenangriffe richteten sich
auch gegen diesen Verlust der Zivilität.
Die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus verlangt heute von
uns das aktive Eintreten gegen Neonazismus, Antisemitismus und jede
Form von Rassismus. Engagement gegen alte und neue Nazis und Rassist_innen
ist notwendig für den Schutz der Demokratie.
Die Nachgeborenen stehen auch in der Verantwortung, für den Schutz
der Orte Sorge zu tragen, die an die Opfer erinnern. Dass Dresden heute
noch blinde Flecken in der Erinnerungskultur hat, zeigte sich besonders
deutlich, als 2010 der Neustädter Bahnhof als Versammlungsort der
Neonazis gewährt wurde oder in vergangenen Jahren der rechte Aufmarsch
an der Synagoge vorbei führen durfte. Die behördliche Praxis
ist hier mit der gebotenen Würde der Opfer nicht vereinbar.
In Dresden mahnen erst fünf Stolpersteine an die ermordeten jüdischen
Bewohner_innen. Insbesondere der Neustädter Bahnhof als Ausgangspunkt
der Deportation in Vernichtungslager, der Wettiner Platz als Ort der
Bücherverbrennung und das „Judenlager Hellerberg“ sollten
stärker in der Dresdner Erinnerungskultur verankert werden.
Deshalb lädt das Bündnis am 16. Februar, 16 Uhr, alle Bürger_innen
zum Erinnern und Vergegenwärtigen der Verbrechen des Nationalsozialismus
an die Gedenktafel zur Deportation der Dresdner Jüd_innen am Bahnhof
Neustadt / Schlesischer Platz, ein. Nach der Eöffnung wird zunächst
ein musikalischer Beitrag erklingen, bevor dann Stephan J. Kramer, der
Generalsekretär des Zentralrates der Juden in Deutschland, sprechen
wird. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, Blumen und Kränze
niederzulegen. Die Veranstaltung wird ca. 17 Uhr beendet werden.
Unterzeichner:
Hatikva e.V.
Jüdische Gemeinde zu Dresden
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V.
Beratungsstellen für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer
Gewalt – RAA Sachsen e.V.
Kulturbüro Sachsen e.V.
Für Rückfragen: Kulturbüro Sachsen e.V., Danilo Starosta,
Tel. 0174 - 90 96 583
Presseinformation, Kulturbüro Sachsen e.V., 01.02.2012